NO-3824

Paul Blobel: Eidesstattliche Erklärung (1)

Paul Blobel
Paul Blobel
EIDESSTATTLICHE ERKLAERUNG[1]

Ich, Paul B l o b e l , erklaere, schwoere und sage aus :

1. Ich bin am 13. August 1894 in POTSDAM geboren. Ich besuchte die Volksschule und Fortbildungsschule in REMSCHEIDT bis zum Jahre 1912. Daran anschliessend absolvierte ich meine Lehrzeit als Maurer und Zimmermann und waehrend der Jahre 1912 und 1913 besuchte ich die Bauschule in WUPPERTAL. Bis zum Ausbruch des ersten Weltkrieges habe ich als Zimmermann gearbeitet. Von 1914 bis 1918 war ich als Pionier im Felde und schied im Jahre 1918 mit dem Dienstgrad eines Vizefeldwebels aus. Bis 1919 war ich nicht beschaeftigt und lebte in REMSCHEIDT. Waehrend der Jahre 1919/1920 besuchte ich nochmals die Bauschule in BARMEN. Von 1921 bis 1924 habe ich bei verschiedenen Firmen gearbeitet und liess mich im Jahre 1924 als selbstaendiger Architekt in SOLINGEN nieder. Waehrend der schlechten Zeiten in Deutschland wurde ich in den Jahren 1928/1929 auftragslos und von 1930 bis 1933 empfing ich Arbeitslosenunterstuetzung in SOLINGEN. Nach dieser Zeit wurde ich von der Stadtverwaltung im Buerodienst angestellt und blieb dort bis Fruehjahr 1935. Im Juni 1935 kam ich zum SD Oberabschnitt DUESSELDORF, bei welchem ich bis zum Mai 1941 blieb. Zum Schluss war ich Abschnittsleiter fuer DUESSELDORF. Ich wurde dann in das Reichssicherheitshauptamt BERLIN kommandiert.

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2. Ich wurde Mitglied der NSDAP am 1. Dezember 1931. Meine Mitgliedsnummer ist 844662. Seit Januar 1932 bin ich Mitglied der SS, meine Mitgliedsnummer ist 29100. Ich war ferner Mitglied des Reichskolonialbundes, Luftschutzbundes, NSV und eine Zeitlang war ich Mitglied des Reichsbundes der bildenden Kuenste. Mein Rang in der allgemeinen SS ist Scharfuehrer, mein Rang im SD ab 1940 ist Standartenfuehrer.

3. Im Juni 1941 wurde ich Chef des Sonderkommandos 4 A. Dieses Sonderkommando war der Einsatzgruppe C zugeteilt, letztere stand unter dem Befehl von Dr. Dr. RASCH. Das mir zugeteilte Einsatzgebiet lag im Bereich der 6. Armee, die von Feldmarschall von REICHENAUkommandiert wurde. Im Januar 1942 wurde ich als Chef des Sonderkommandos 4 A abgeloest und wurde nach Berlin strafversetzt. Dort blieb ich eine zeitlang unbeschaeftigt. Ich stand unter Aufsicht des Amtes IV, unter dem ehemaligen Gruppenfuehrer MUELLER. Ich bekam im Herbst 1942 die Aufgabe, als Beauftragter MUELLER's in die besetzten Ostgebiete zu fahren und die Spuren der Massengraeber, die von den Hinrichtungen der Einsatzgruppen stammten, zu verwischen. Diese Aufgabe hatte ich bis zum Sommer 1944.[2]

4. Danach wurde ich zum Befehlshaber Steiermark kommandiert und sollte dort als Verbindungsmann zwischen dem Reichssicherheitshauptamt und dem Gruppenfuehrer ROESSNER in der Partisanenbekaempfung eingesetzt werden, bin aber nicht mit der Ausfuehrung dieser Aufgabe betraut worden.

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Ich erkrankte im Dezember 1944 und war vom Februar bis April in einem Sanatorium in MARBURG an der Drau. Dort bekam ich Befehl, mich am 11. April 1945 in BERLIN zu melden. Im April 1945 habe ich mich bei KALTENBRUNNER gemeldet und fuhr in die Gegend von SALZBURG. Damit habe ich mich weiteren Befehlen entzogen. Ich bin dann mit der Gruppe in RASTADT, Anfang Mai 1945, in Gefangenschaft geraten.

5. Waehrend meiner Dienstzeit als Chef des Sonderkommandos 4 A vom Zeitpunkt der Aufstellung im Juni 1941 bis zum Januar 1942, wurde ich verschiedentlich mit den Aufgaben der Hinrichtung von Kommunisten, Saboteuren, Juden und anderen unerwuenschten Elementen beauftragt. Die genaue Zahl der hingerichteten Personen ist mir nicht mehr erinnerlich. Einer oberflaechlichen Schaetzung nach, fuer deren Richtigkeit ich keine Gewaehr geben kann, vermute ich, dass sich die Zahl der Hingerichteten woran das Sonderkommando 4 A beteiligt war zwischen 10000 und 15000 bewegt.

6. Ich habe verschiedenen Massenexekutionen beigewohnt und in zwei Faellen mit der Leitung der Exekution befohlen worden. Im August oder September 1941 fand eine Exekution bei KOROSTEN statt bei der ungefaehr 700 bis 1000 Mann erschossen wurden und bei der Dr. Dr. RASCH anwesend war. Ich hatte meine Einheit in einer Anzahl von Exekutionskommandos von je 30 Mann eingeteilt. Von der unterstellten Polizei der ukrainischen Miliz, Bevoelkerung und den Angehoerigen

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des Sonderkommandos waren zunaechst die Leute erfasst und Massengraeber ausgehoben worden. Von der Gesamtzahl der zu der Exekution bestimmten Personen, wurden jedesmal 15 Mann an den Rand des Massengrabes gefuehrt, wo sie sich hinknien mussten, das Gesicht zum Grab gewandt. Kleidung und Wertsachen wurden zu dieser Zeit noch nicht eingesammelt. Spaeter wurde das geaendert. Die Exekutionskommandos bestanden aus Maennern des Sonderkommandos 4 A und aus Miliz und Polizei. Nchdem die Leute zur Exekution fertig waren, gab einer meiner Fuehrer, dem das jeweilige Exekutionskommando unterstand, den Feuerbefehl. Durch die knieende Lage am Rand des Massengrabes fielen die Opfer meistens gleich in das Massengrab. Ich habe stets groesseren Exekutionskommandos die Erschiessungen durchfuehren lassen, da ich den Gebrauch von Genickschussspezialisten ablehnte. Jedes Kommando schoss fuer ungefaehr eine Stunde und wurde dann abgeloest. Die noch zu erschiessenden Menschen waren in der Naehe der Exekutionsstaette versammelt und wurden von den Mitgliedern der Kommandos, die im Augenblick nicht an den Exekutionen teilnahmen, bewacht. Die hier geschilderte Exekution wurde von mir selbst beaufsichtigt und ich habe darauf gesehen, dass keine Uebergriffe stattfanden.

7. Das Sonderkommando 4 A hatte auch Frauen und Kinder erschossen. Im September oder Oktober 1941 erhielt ich von der Einsatzgruppe C unter Dr. Dr. RASCH einen Gaswagen und eine Hinrichtung wurde durch Gebrauch des Gaswagens vorgenommen. Dieser bestand aus einem 3 Tonnen Lastwagen, der vollkommen luftdicht abgeschlossen war

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und in dem ungefaehr 30 bis 40 Leute Platz hatten. Nach ungefaehr 7 bis 8 Minuten waren saemtliche Insassen, die den giftigen Gasen ausgesetzt waren, tot. Ich habe selbst die Leichen gesehen, als diese aus dem Gaswagen ausgeladen wurden.

8. Waehrend der letzten Tage des September 1941 nahm das Sonderkommando 4 A unter Mitwirkung des Gruppenstabes der Einsatzgruppe C und zwei Einheiten der in KIEW stationierten Polizeiregimenter die Massenhinrichtung von Juden in KIEW vor. Ich betrachte die mir genannte Ziffer der hingerichteten Leute von 33771[3] als zu hoch. Meiner Ansicht nach wurden nicht mehr als die Haelfte deran gegebenen Zahl erschossen.

9. Da ich waehrend der Zeit vom Juni 1941 bis Januar 1942 mehrfach schwer erkrankte und in verschiedenen Heilstaetten untergebracht war, koennen mir nicht saemtliche Exekutionen des Sonderkommandos 4 A zur Last gelegt werden. Waehrend meiner Abwesenheit wurde das Kommando von Dr. Dr. RASCH, Hauptsturmfuehrer Waldemar von RADETZKI und Dr. BEYER, Hauptsturmfuehrer, uebernommen und unter deren Leitung fanden ebenfalls eine Anzahl von Massenhinrichtungen statt.

Ich habe obige Aussage, bestehend aus fuenf (5) Seiten in deutscher Sprache gelesen und erklaere, dass dies die volle Wahrheit nach meinem besten Wissen und Glauben ist. Ich hatte Gelegenheit, Aenderungen und Berichtigungen in obiger Erklaerung zu machen. Diese Aussage habe ich freiwillig gemacht, ohne jedwedes Versprechen auf Belohnung und ich war keinerlei Zwang oder Drohung ausgesetzt.

Nuernberg, den 6. Juni 1947

[Unterschift]
Paul Blobel

Before me, Rolf Wartenberg, D-090064, a U.S. Civilian appeared Paul B l o b e l, to me known, who in my presence signed the foregoing "Eidesstattliche Erklaerung" (statement) consisting of five (5) pages in the German language and swore the same was true.

On the 6 th day of June 1947

[Unterschrift]
Rolf Wartenberg

Anmerkungen:

  1. Die Formatierung entspricht aus technischen Gründen nicht dem Original.
  2. Gemeint ist die so genannte "Aktion 1005" oder "Enterdungsaktion", mit der die Spuren der nationalsozialistischen Massenmorde verwischt werden sollten.
  3. Zur Ermordung von 33.771 Juden in Babi Jar siehe auch: Ereignismeldung 106 UdSSR

Siehe auch:

Quellen:

  1. John Mendelson (Hrsg.)
    The Holocaust, Selected Documents in Eighteen Volumes
    Band 10, S. 125ff
    New York/London 1982
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