19.11.1932

Eingabe führender Persönlichkeiten des Landes an Reichspräsident von Hindenburg für die Berufung Adolf Hitlers zum Kanzler

Kurt Freiherr von Schröder, ein Förderer Hitlers,<br>in Nürnberg
Kurt Freiherr von Schröder, ein Förderer Hitlers,
in Nürnberg

Ew. Exzellenz, Hochzuverehrender Herr Reichspräsident!

Gleich Eurer Exzellenz durchdrungen von heißer Liebe zum deutschen Volk und Vaterland, haben die Unterzeichneten die grundsätzliche Wandlung, die Eure Exzellenz in der Führung der Staatsgeschäfte angebahnt haben, mit Hoffnung begrüßt. Mit Eurer Exzellenz bejahen wir die Notwendigkeit einer vom parlamentarischen Parteiwesen unabhängigen Regierung, wie sie in dem von Eurer Exzellenz formulierten Gedanken eines Präsidialkabinetts zum Ausdruck kommt.

Der Ausgang der Reichstagswahl vom 6. November d. J. hat gezeigt, daß das derzeitige Kabinett, dessen aufrechten Willen niemand im deutschen Volke bezweifelt, für den von ihm eingeschlagenen Weg keine ausreichende Stütze im deutschen Volk gefunden hat, daß aber das von Eurer Exzellenz gezeigte Ziel eine volle Mehrheit im deutschen Volke besitzt, wenn man - wie es geschehen muß - von der staatsverneinenden kommunistischen Partei absieht. Gegen das bisherige parlamentarische Parteiregime sind nicht nur die Deutschnationale Volkspartei und die ihr nahestehenden kleineren Gruppen, sondern auch die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei grundsätzlich eingestellt und haben damit das Ziel Eurer Exzellenz bejaht. Wir halten dieses Ergebnis für außerordentlich erfreulich und können uns nicht vorstellen, daß die Verwirklichung des Zieles nunmehr an der Beibehaltung einer unwirksamen Methode scheitern sollte.

Es ist klar, daß eine des öfteren wiederholte Reichstagsauflösung mit sich häufenden, den Parteikampf immer weiter zuspitzenden Neuwahlen nicht nur einer politischen, sondern auch jeder wirtschaftlichen Beruhigung und Festigung entgegenwirken muß. Es ist aber auch klar, daß jede Verfassungsänderung, die nicht von breitester Volksströmung getragen ist, noch schlimmere wirtschaftliche, politische und seelische Wirkungen auslösen wird.

Wir erachten es deshalb für unsere Gewissenspflicht, Eure Exzellenz ehrerbietigst zu bitten, daß zur Erreichung des von uns allen unterstützten Zieles Eurer Exzellenz die Umgestaltung des Reichskabinetts in einer Weise erfolgen möge, die die größtmögliche Volkskraft hinter das Kabinett bringt.

Wir bekennen uns frei von jeder engen parteipolitischen Einstellung. Wir erkennen in der nationalen Bewegung, die durch unser Volk geht, den verheißungsvollen Beginn einer Zeit, die durch Überwindung des Klassengegensatzes die unerläßliche Grundlage für einen Wiederaufstieg der deutschen Wirtschaft erst schafft. Wir wissen, daß dieser Aufstieg noch viele Opfer erfordert. Wir glauben, daß diese Opfer nur dann willig gebracht werden können, wenn die größte Gruppe dieser nationalen Bewegung führend an der Regierung beteiligt wird.

Die Übertragung der verantwortlichen Leitung eines mit den besten sachlichen und persönlichen Kräften ausgestatteten Präsidialkabinetts an den Führer der größten nationalen Gruppe wird die Schlacken und Fehler, die jeder Massenbewegung notgedrungen anhaften, ausmerzen und Millionen Menschen, die heute abseits stehen, zu bejahender Kraft mitreißen.

In vollem Vertrauen zu Eurer Exzellenz Weisheit und Eurer Exzellenz Gefühl der Volksverbundenheit begrüßen wir Euer Exzellenz

mit größter Ehrerbietung

Dr. Hjalmar Schacht, Berlin (ehem. Reichsbankpräsident)
Kurt Freiherr von Schröder, Köln (Bankier)
Fritz Thyssen, Mülheim (Konzernführer, Schwerindustrie)
Eberhard Graf von Kalckreuth, Berlin (Präs. d. Reichslandbundes)
Friedrich Reinhart, Berlin (Bankier)
Kurt Woermann, Hamburg (Großreeder u. Großkaufmann)
Fritz Beindorff, Hamburg (Großreeder)
Kurt von Eichborn, Breslau (Bankier)
Emil Helfferich, Breslau (Großreeder, Hapag)
Ewald Hecker, Hannover (Schwerindustrie)
Carl Vincent Krogmann (Finanzkapital)
Dr. Erich Lübbert, Berlin (Stahlhelmwirtschaftsrat)
Erwin Merck, Hamburg (Handelskapital)
Joachim von Oppen (Großgrundbesitzer)
Rudolf Ventzki, Eßlingen/Württ. (Maschinenbau)
Franz Heinrich Witthoefft (Großkaufmann)
August Rosterg, Berlin (Chemische Industrie)
Robert Graf von Keyserlingk, Cammerau (Großgrundbesitzer)
Kurt Gustav Ernst von Rohr-Manze (Großgrundbesitzer)
Engelbert Beckmann, Hengstey (Vors. d. Rhein. Landesbank)

Quellen:

  1. Die ungeliebte Republik. Dokumente zur Innen- und Außenpolitik Weimars 1918-1933
    Hrsg. Wolfgang Michalka und Gottfried Niedhart
    München 1980, S. 340-342.
    Hier zitiert nach:
    Reinhard Kühnl
    Der deutsche Faschismus in Quellen und Dokumenten, S. 160ff
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