Diensttagebuch Hans Frank: 18.03.1942
Arbeitstagung und Besprechungen in Krakau
[Rede Franks zum Schluß der Arbeitstagung der Distriktsstandortführer und der Amtswalter des Arbeitsbereichs Generalgouvernement der NSDAP. Frank weist einleitend auf die Härten des Krieges und Aufbauleistungen des GG hin:]
Ich darf ruhig sagen: was wir heute von Schwierigkeiten gehört haben, was sich uns an Problemen zeigt, das hängt nicht mit der Partei, der Organisation der Partei oder der Idee der Bewegung zusammen, sondern mit den Schwierigkeiten des Krieges und den unerhörten Problemen der Auseinandersetzung mit anderen Erscheinungen; es hängt mit dem Menschenmangel, mit dem Mangel an Qualitäten der Menschen zusammen, die wir hier haben. Die Partei aber hat im Generalgouvernement die Unsterblichkeit der Idee des Führers erwiesen. Denken Sie sich die Partei aus diesem Gebiet weg, dann hätten Sie den völlig seelenlosen Mechanismus einer Verwaltung.
Daraus können Sie auch erkennen, was etwa Militärverwaltungen im politischen Sinne in besetzten Gebieten bedeuten. Das hätten wir hier, wenn wir die Partei nicht hätten.
Es geht eben nicht an, einen Staat zu gründen, ohne daß man von Anfang an diesem Staat eine weit über das Materielle hinausgehende Idee mit auf den Weg gibt. Es ist nicht damit abgetan, einen Staat gründen oder verwalten zu wollen. Was will ich mit diesem Staat? Er ist doch nur ein Mittel zum Zweck, eine technische Apparatur, ein Aggregat von Einrichtungen und Zuständigkeiten, eine Ordnung von Befehlsorganisationen, die aber einem höheren Zweck unterstellt sein müssen. Dieser höhere Zweck kann nicht die Wehrmacht sein. Es ist nicht richtig, wenn hier im Anfang etwa gesagt wurde: es braucht nur verwaltet zu werden. Wenn das das Prinzip wäre, dann wäre es nicht möglich, von einem Aufbau zu reden. Wir erleben es ja in manchen Gebieten, die von der Wehrmacht verwaltet sind. Was ist dort in den zwei Jahren geschehen, was ist dort an deutschen Häusern aufgebaut, an deutschen Einrichtungen geschaffen worden? Wir können also mit Fug und Recht angesichts der Ergebnisse der heutigen Sitzung als große Erkenntnis wieder einmal feststellen: Die Partei hat hier wirklich ihre große Aufgabe erfaßt und diese Aufgabe in einer völlig neuartigen Weise glänzend durchgeführt.
Dabei scheuen wir uns vor keiner Kritik, nicht davor, daß auch Fehler gemacht worden sind, daß sich Menschen eingeschlichen haben, die vollkommen minderwertig sind. Wenn ein Distriktsstandortführer so tief sinkt, daß er seine Stellung mißbraucht, um schmutzige Geschäfte zu machen, wie wir es in den letzten Monaten erlebt haben, so lassen wir ihn verhaften, wir machen ihm den Prozeß, und wir werden dafür sorgen, daß sich so etwas nicht wiederholt. Und wenn es sich wirklich wiederholen sollte, dann werden wir einen solchen Mann wieder verhaften, ihn erschießen oder beseitigen lassen. Solche Vorgänge kann man nicht verhindern; denn jede menschliche Gemeinschaft birgt minderwertige Elemente in sich. Ich möchte aber zu diesem Fall Lasch sagen, daß kein Führer des Generalgouvernements, kein Beamter, kein Funktionär von irgendwelchem Rang außerhalb des engsten Kreises dieses besagten Herrn Lasch irgendwie in eine Korruptionsaffäre oder eine sonstige anrüchige Aktion einbezogen ist. Es ist daher die größte und gemeinste Lüge, gegen die wir uns alle leidenschaftlich zu verwahren haben, wenn von einer besonderen Krisis der Moral in wirtschaftlichen oder sonstigen Beziehungen des Generalgouvernements gesprochen wird. Daß so etwas passieren kann, ist verständlich. Ein Mann kann über Bord gehen, das Schiff wird aber weiter fahren. So fährt auch das Schiff Generalgouvernement weiter.
Ich möchte hier grundsätzlich nur als Reichsleiter sprechen, als Generalgouverneur nur insofern, als mir das im Augenblick besonders wichtig erscheint. In dem Schlußpunkt des Verwaltungsaufbaues des Generalgouvernements war immer noch das Problem des Verhältnisses von Polizei zur Verwaltung zu klären. Zwischen mir und dem Reichsführer SS Himmler hat in den letzten Tagen eine eingehende Besprechung stattgefunden. Wir sind zu einem sehr schönen, von beiden Seiten eigenhändig unterzeichneten Übereinkommen gekommen, durch das diese Frage geklärt wird, und zwar so, wie es in unser beider Interesse liegt.
Wie Sie wissen, bin ich Fanatiker der Einheit der Verwaltung, habe auch niemandem gegenüber einen Zweifel darüber gelassen, daß man hier nur regieren kann, wenn derjenige, der die Verantwortung hat, sie auch ausschließlich hat. Deshalb ist es klar, daß der Höhere SS- und Polizeiführer mir unterstellt, daß die Polizei Bestandteil der Regierung, daß der SS- und Polizeiführer im Distrikt dem Gouverneur unterstellt ist und daß der Kreishauptmann auch die Kommandogewalt über die Gendarmerie in seinem Kreise haben muß. Das hat der Reichsführer SS anerkannt; in dem schriftlichen Übereinkommen sind alle diese Punkte wortwörtlich aufgeführt und unterzeichnet. Es ist ja auch selbstverständlich, daß wir hier nicht einen abgeschlossenen Laden herstellen können, der nach kleinstaatlicher überkommener Weise behandelt werden kann. Es wäre z. B. lächerlich, wenn wir hier eine eigene Sicherheitspolitik gegen unsere Polen im Lande aufbauen wollten, während wir wissen, daß die Polacken in Westpreußen, in Posen, im Wartheland und in Schlesien eine und dieselbe Widerstandsbewegung haben. Der Reichsführer SS und Chef der deutschen Polizei muß also die Möglichkeit haben, die das Reichsinteresse im ganzen angehenden Polizeiangelegenheiten mit seinen Instanzen durchzusetzen. Das geschieht allerdings nur in der Form, daß ich von den zu ergreifenden Maßnahmen zu verständigen bin, und nur dann, wenn ich meine Zustimmung dazu gebe.
Im Generalgouvernement ist die Polizei die Wehrmacht. Infolgedessen wird von mir auch der Leiter dieses Polizeiwesens in die Regierung des Generalgouvernements berufen, er untersteht mir bzw. meinem Stellvertreter als Staatssekretär für das Sicherheitswesen. Das sind im wesentlichen die Grundsätze, nach denen eine gesamte Bereinigung der Situation eintreten wird.
Daß ich eine ganz bestimmte Anschauung auf dem Gebiet der inneren Ordnung habe, ist bekannt. Man weiß aus meinem Kampf für den Führer und die Bewegung, wie sehr ich der Anschauung huldige, daß auf die Dauer eine Volksgemeinschaft ohne eine klargegliederte Rechtsordnung nicht gehalten werden kann. Von dieser Anschauung gehe ich nicht ab, ich betrachte sie sozusagen als mein Lebensideal. Meiner Meinung nach ist es mit der Gewalt und der Durchsetzung der Aktivität allein nicht getan. Für die Erhaltung einer Volksgemeinschaft bedarf es des Glaubens der Menschen, daß die führenden Mächte der Zeit auch die Rechtsidee und die Rechtssicherheit des einzelnen achten, daß sie vor allem den Umstand berücksichtigen, daß demjenigen, der kein Unrecht getan hat, auch vom Staat in diesem Sinne kein Unrecht zugefügt werden darf. Daher muß die Möglichkeit eines unabhängigen Richtertums auch in unserem Reich bestehen, und gerade der kleine ohnmächtige Volksgenosse muß gegen Mißbrauch staatlicher Machtmittel in jeder Form geschützt werden. Wenn er wirklich unschuldig in Haft genommen ist, muß er die Möglichkeit haben, seine Unschuld zu beweisen. Das alles habe ich in hunderten von Reden dargelegt, es ist auch im Parteiprogramm gesagt.
Ich habe mich mit Reichsführer SS Himmler über alle diese Dinge unterhalten. Ohne Rücksicht darauf, daß man methodisch vielleicht verschiedener Meinung sein kann, sind und bleiben wir als Diener des Führers Träger der Weltanschauung des Nationalsozialismus. Auf dieser Grundlage wird daher nicht so sehr die Art und Weise des Regimes stehen wie der Umstand, daß wir diesen Krieg gewinnen, damit überhaupt erst die Voraussetzung geschaffen wird, von der ausgehend man später die endgültige Ordnung wird aufbauen können.
Dieser Krieg muß gewonnen werden. Hier in diesem engsten Kreise will ich Ihnen folgendes sagen: Wir sind nur durch die Genialität des Führers, durch dieses unvergleichliche Genie unseres Volkes um eine der größten Katastrophen in unserer Geschichte herumgekommen.
[Frank betont, von den Nationalsozialisten werde erwartet, daß sie in den kommenden Monaten die "fanatischsten, härtesten und vor allem die herrenstärksten Menschen" im GG seien. Der größte Sieg der deutschen Geschichte stehe bevor, danach werde im GG der Ostgotengau errichtet und mit "hochrassigen deutschen Menschen" besiedelt. Alte Ideologien würden dann keine Geltung mehr haben.]
Um die Kirche brauchen wir uns nicht zu kümmern. Ich lasse die Kirchen gar nicht erst zu uns herein, ein Kirchenproblem wird bei uns nicht bestehen. Wenn die Wehrmacht Kirchen im Generalgouvernement hat, - zivile deutsche Kirchen wird es im Generalgouvernement nicht geben. Bis jetzt ist auch an mich noch kein Antrag gestellt worden. Wenn ein Deutscher künftig kirchliche Bedürfnisse hat, so soll er sich gefälligst in die Heimat begeben. Wir sind hier sozusagen ein glücklicher Garten, wir haben mit diesem Problem nicht zu rechnen.
[Frank weist auf die Notwendigkeit einer Versorgung der in deutschem Dienst arbeitenden Polen hin und wendet sich gegen Forderungen aus dem Reich, Polen sollten nichts erhalten. Frank tritt nachdrücklich für die Einheit der Verwaltung ein und fährt fort:]
Parteigenossen, Sie müssen mir nun auch helfen, hier die Deutschen in Ordnung zu halten. Das ist das wundeste Problem. In der Hauptsache handelt es sich ja wohl um die Treuhänder. Ich stelle mir oft die Frage: haben denn diese Kerle den ganzen Nationalsozialismus völlig mißverstanden? Da denke ich vor allem an diese Unternehmertypen. Bei ihnen handelt es sich vielfach gar nicht mehr um Privatunternehmer, sondern sie treten unter großen Firmennamen auf. Im Grunde genommen haben sie dieselbe Art der grauenhaftesten Ausbeuter. Vor kurzem kommt jemand zu mir und teilt mir mit, daß ein Großindustrieller in Leipzig für seinen Betrieb 2000 polnische Arbeiter gestellt haben will. Er will diese Arbeiter und Arbeiterinnen so, wie sie gehen und stehen, in einen von uns zur Verfügung zu stellenden Transportzug, der auf dem Fabrikgleis stehen soll, verfrachten und unter peinlichster Bewachung sofort nach Leipzig transportieren lassen, damit diese Polen dann sofort am nächsten Tag die Arbeit aufnehmen können, ohne je wieder nach dem Generalgouvernement zurückzukommen. Solche Pläne werden mir vorgetragen, über solchen Unsinn muß man diskutieren. Auf einer solchen dilettantischen Ebene kann man natürlich die Probleme, mit denen wir hier zu tun haben, nicht meistern. Dann wäre es ja das einfachste, zu sagen: hier sind 16 Millionen Polen, das sind 16 Millionen Nackenschüsse, - dann ist das Problem gelöst.
Ich weiß, welche Scherereien uns die Juden machen. Sie müssen weg; das ist klar. Aber andererseits ist es auch ausgeschlossen, daß man in dieser Weise, wie ich es eben schilderte, seine Arbeiten führen kann. Daher wird es auch Aufgabe der Partei sein, darauf zu achten, daß uns die Weltreichsaufgabe unserer Zeit zu anderen höheren, auch methodisch weiter reichenden Anschauungen zwingt, als sie etwa einer binnenstaatlichen Aufgabe gegenüber am Platze wären. Und hier müssen wir schon sagen: die Aufgaben, die uns gestellt werden, können nur Nationalsozialisten meistern. Als wir 1933 kaum die Macht übernommen hatten, da sind diejenigen die lautesten Schreier im Kampfe gegen die Reaktion gewesen. Und den Leuten, die uns bis dahin überhaupt nicht verstanden haben, die früher gar kein Verständnis für das Volkstum gehabt haben, können wir gar nicht genug Polacken umbringen.
Im übrigen geht der Kampf um die Durchsetzung unserer Ziele eiskalt weiter. Sie sehen, wie die staatlichen Organe arbeiten, Sie sehen, daß man vor nichts zurückschreckt und ganze Dutzende von Elementen an die Wand stellt. Das ist schon deshalb notwendig, weil hier eine einfache Überlegung sagt, daß es nicht unsere Aufgabe sein kann, in einem Zeitpunkt, in dem das beste deutsche Blut geopfert wird, fremdvölkisches Blut zu schonen. Denn daraus könnte eine der größten Gefahren entstehen. [...]
Deshalb muß alles, was sich noch an polnischer Führungskraft zeigt, immer wieder mit rücksichtsloser Energie vernichtet werden. Das braucht man nicht an die große Glocke zu hängen, es geschieht stillschweigend. Und wenn wir uns den Luxus gestatten, eine Art Philharmonie den Polen zu gewähren, die wir den ausländischen Journalisten zeigen, so bedeutet das gar nichts. Die Leute machen Musik in unserem Sinne, und wenn wir sie nicht mehr brauchen können, lösen wir dieses Institut auf. Im übrigen muß man das alles mit Vernunft und Ruhe betrachten. Wir unterhalten Landschulen und technische Fachschulen, wir lassen Medizinalpraktikanten ausbilden, die aber keinen akademischen Rang oder Titel erhalten können. Wir müssen aber dafür sorgen, daß eine Millionenbevölkerung hier arbeiten, sich beschäftigen und dabei gesund bleiben kann. Das geschieht nicht im Interesse der Polen, sondern der Deutschen in diesem Raum und des deutschen Volkes, was man im Reich meistens nicht erkennt.
Wir werden in sehr schwere Zeiten kommen und haben auch alles vorbereitet, um diesen schweren Zeiten zu entsprechen. Wir können in den kommenden Monaten weder aufbauen noch etwas großes durchführen, sondern müssen nur dafür sorgen, daß wir im Zusammenhang mit diesen Ereignissen nicht untergehen.
Zu dem Problem der Wehrschützenbereitschaften kann ich nur sagen: wenn die SS nicht mitmacht, dann nicht, — ich zwinge keinen. An einem Prinzip halte ich fest: für mich als Reichsleiter ist die SS eine Gliederung der Bewegung. Wenn sie ihren eigenen Laden aufziehen will, so habe ich nichts dagegen, — und wenn einer die Einheit der Partei sprengt, dann kann ich es nicht verhindern. Schließlich ist die Gesamtpartei aber auch etwas. Wenn die SS meint, sie könne es besser als wir, — ich kann es nicht verhindern. Wir wollen sie auch nicht daran hindern, einen SS-Sturmbann zu errichten. Wir wollen sehen, wie er sich entwickelt. Aber an der Wehrschützengemeinschaften wird unter allen Umständen festgehalten. Sie haben die Aufgabe, zu schießen und schießbereit zu sein, und ich habe gehört, daß auch die Frauen schießbereit sein müssen. Diese Aufgabe ist von so ungeheurer Wichtigkeit, daß sie absolut den Inhalt unseres Kolonialpioniertums darstellen muß. In diesem Sinne sind wir Kolonialpioniere.
[Frank betont abschließend, der Gegensatz von Partei und Staat dürfe im GG nicht auftreten.]