23.9.1941
Überprüfung des Kommissarbefehls wird abgelehnt
H.Q., den 23. 9. 1941
Oberkommando des Heeres
General z.b.V. beim Ob. d.H.
Az. 501 Gen. z.b.V.b. Ob. d.H.
Nr. 516/41 g Kdos.
4 Ausfertigungen
1. Ausfertigung
An OKW/L
zu Händen des Herrn Generalmajor Warlimont
Betr. Politische Kommissare
Bezug: OKW/WFSt/Abt. L (IV/Qu)
Nr. 44822/41 g. Kdos. Chefs.
vom 6. 6. 1941
Es wird gebeten, die Notwendigkeit der Durchführung des "Kommissar"-Erlasses in der bisherigen Form im Hinblick auf die Entwicklung der Lage zu überprüfen. Von Befehlshabern, Kommandeuren und aus der Truppe wird gemeldet, daß sich eine Lockerung des Kampfwillens auf russischer Seite dadurch erreichen lasse, wenn den Kommissaren, die ohne Zweifel die Hauptträger des erbitterten und verbissenen Widerstandes seien, der Weg zur Aufgabe des Kampfes, zur Übergabe oder zum Überlaufen erleichtert würde.
Zur Zeit ist es so, daß der Kommissar auf jeden Fall sein sicheres Ende vor Augen sieht; darum kämpft eine große Zahl bis zuletzt und zwingt auch die Rotarmisten mit den brutalsten Mitteln zum erbitterten Widerstand.
Gerade in der augenblicklichen Kampflage, wo bei den hohen Ausfällen, mit der Abnahme des Zuflusses von personellen und materiellen Kräften, bei der Vermischung der Verbände, der Unsicherheit der Führung Lockerungserscheinungen auf russischer Seite da und dort sich zu zeigen beginnen, könnte eine Lähmung des allgemeinen Kampfwillens durch Brechung des Widerstandes der Kommissare nicht unerhebliche Erfolge zeitigen und unter Umständen viel Blut sparen.
Die Erreichung des Zieles müßte in geeigneter Form mit propagandistischen Mitteln verschiedenster Art angestrebt werden.
Auch der Oberbefehlshaber des Heeres glaubt, daß die vorstehenden Auffassungen, die ihm persönlich bei allen Heerestruppen vorgetragen worden sind, vom militärischen Standpunkt durchaus beachtlich sind und eine Überprüfung der bisherigen Behandlungsweise der Kommissare zweckmäßig erscheinen lassen.
i.A.
gez. Müller
[Handschriftl. Randbemerkung v. Jodl:]
Der Führer hat jede Änderung der bisher erlassenen Befehle für die Behandlung der polit. Kommissare abgelehnt. J. 26. 9.